Molekulare Wirkstoffforschung

Aktuelle Forschung

Voraussetzung für die Zulassung eines Arzneimittels ist der Nachweis der pharmazeutischen Qualität, der therapeutischen Wirksamkeit sowie der Unbedenklichkeit. In diesem Zusammenhang sind neben klinischen Studien auch präklinische Studien zur Aufklärung des Wirkmechanismus eines Arzneimittels von besonderer Bedeutung.

Der Arbeitskreis für Molekulare Wirkstoffforschung widmet sich der Aufklärung von molekularen Mechanismen, die an der Wirksamkeit von Phytopharmaka und synthetischen Arzneimitteln beteiligt sind.

Dynamiken von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR)

Gegenwärtig liegt der Fokus unserer Arbeit auf der Analyse molekularer Dynamiken von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) in der Plasmamembran lebender Zellen. Durch die Verwendung fluoreszenzmarkierter Liganden oder die direkte Fluoreszenzmarkierung der GPCR können die Rezeptoren auf molekularer Ebene untersucht werden. Die Detektion erfolgt mit unterschiedlichen biophysikalischen Techniken.

Die Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie (FCS) erlaubt die Unterscheidung von Rezeptorpopulationen mit unterschiedlichen Diffusionskoeffizienten sowie – bei Verwendung eines fluoreszenzmarkierten Liganden – die Erfassung bindungskinetischer Parameter. Die Einzelmolekülmikroskopie ermöglicht eine Lokalisierung von individuellen Molekülen und eine direkte Beobachtung ihrer Bewegung. Damit können Bewegungspfade einzelner fluoreszenzmarkierter Rezeptoren aufgezeichnet und Rückschlüsse auf die molekulare Rezeptordynamik gezogen werden.

Häberlein_Forschung
© Hanns Häberlein

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Hanns Häberlein

Einzelmolekülmikroskopie

In den letzten Jahren hat die Entwicklung neuer Methoden zur direkten Visualisierung einzelner Moleküle große Fortschritte gemacht. Von besonderem Interesse für unsere Arbeitsgruppe ist die Detektion und Verfolgung einzelner Moleküle (SPT, single particle tracking) in der Plasmamembran lebender Zellen mittels Einzelmolekülmikroskopie. Die Identifizierung einzelner Signale und ihre Verfolgung zeitabhängig durch eine Serie von Bildern führen zu Trajektorien individueller Moleküle. Die Erkennung einzelner Moleküle wird ermöglicht durch die Verwendung von Weitfeld-Fluoreszenzmikroskopie in Kombination mit Laserlichtanregung und einem hochsensitiven und schnellen EMCCD Kamerasystem (515 Bilder/s im Vollbildmodus). Einzelne Moleküle können auf diese Weise als beugungsbegrenzte Lichtpunkte abgebildet werden. Die Approximation einer zweidimensionalen Gaußfunktion ermöglicht, die Position eines Moleküls mit einer Präzision im niedrigen zweistelligen Nanometerbereich zu bestimmen. Die Kombination einer Einzelmoleküldetektion mit hoher zeitlicher Auflösung – Integrationszeiten von bis zu 2 ms sind erreichbar – und Nanometerlokalisierung erlaubt eine präzise Aufnahme von individuellen Molekülpfaden. Durch die sich anschließende Mobilitätsanalyse können Informationen sowohl zum Diffusionsverhalten in verschiedenen Zellbereichen als auch zu unterschiedlichen Bewegungscharakteristika erhalten werden. Zusätzlich kann die Existenz funktioneller Mikrodomänen innerhalb der Plasmamembran direkt geprüft werden.


Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie

Die Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie (FCS) ist eine sehr sensitive, sehr schnelle, minimalinvasive fluoreszenzmikroskopische Methode, die auf Einzelmolekülniveau Anwendung findet. Aus Schwankungen der Fluoreszenzintensität können mittels FCS z. B. Konzentrationen, Diffusionskoeffizienten, chemische Kinetiken und Proteinoligomerisation bestimmt werden. Darüber hinaus erlaubt die FCS die Untersuchung des Verhaltens von Zelloberflächenrezeptoren, Ligand-Rezeptor-Interaktionen und intrazellulären Dynamiken.

Die FCS beruht auf der Beobachtung von Fluoreszenzfluktuationen innerhalb eines kleinen Volumens (∼0,2 fL)10, wobei die Fluoreszenzfluktuationen dadurch zustande kommen, dass sich fluoreszierende Teilchen durch den Laserfokus bewegen, dabei angeregt werden und Photonen emittieren (Abbildung 1.1). Diese Photonen werden dann detektiert und als Fluoreszenzfluktuationen (Abbildung 1.2) autokorreliert (Abbildung 1.3 und 4).

Abbildung 1: Prinzip des FCS Messens. (1) Durch den Fokus diffundierende fluoreszierende Partikel. (2) Die sich ergebenden Fluoreszenzfluktuationen. (3) Autokorrelationskurve (ACC) für eine Partikelspecie mit der Diffusionszeitkonstante (τD) und durchschnittlich N Teilchen im Detektionsvolumen. (4) ACC eines Liganden, der teilweise frei diffundierend (τDf) und zum anderen Teil Rezeptor gebunden (τDbi) vorliegt.

Die Abweichungen der Helligkeitsverteilung des realen Fokus von dem theoretischen werden bei der FCS, durch die Bestimmung des Verhältnisses der vertikalen zur lateralen Ausdehnung aus Justagemessungen, kompensiert11.

In der folgenden Abbildung ist der schematische Aufbau des Fluoreszenzmikroskops gezeigt. Der Strahlengang des Anregungslichtes verläuft vom Laser aus durch eine Aufweitungsoptik und einen Anregungsfilter über einen dichroitischen Spiegel und anschließend durch das Objektiv in die Probe. Dort werden fluoreszierende Teilchen angeregt und emittieren Fluoreszenzlicht. Der Strahlengang des Fluoreszenzlichtes verläuft aus der Probe durch das Objektiv, den dichroitischen Spiegel, den Emissionsfilter, die Tubuslinse und die Lochblende in den Detektor.

Abbildung 2: Schema des fluoreszenzmikroskopischen Setups

Die Fluoreszenzphotonen werden in dem Detektor mittels einer Lawinenfotodiode (avalanche photodiode, APD) erfasst. Die Signale der APD werden in demPulsformer verdoppelt. Danach können sie direkt mit einem Zeitstempel (Time-Tagged Time-Resolved, TTTR) aufgezeichnet oder in einem Hardwarekorrelator zu einer Autokorrelationskurve verarbeitet werden. Die TTTR-Daten können in verschiedenen Auswertungsverfahren eingesetzt werden.

Für frei diffundierende Teilchen ohne Wechselwirkungen werden die Fluoreszenzfluktuationen durch die Autokorrelationskurve (ACC) beschrieben. Die ACC kann mit der Autokorrelationsfunktion (ACF) in der folgenden Formel beschrieben werden131415. Die Amplitude der ACF (G(τ)) wird dabei aus dem Strukturparameter (SP), der Anzahl der Komponenten (M), der Laufvariablen (i), der durchschnittlichen Teilchenzahl im Detektionsvolumen (N), der Diffusionszeitkonstante (τD), dem Intervall für die Korrelationen der zeitlichen Fluoreszenzfluktuationen (τ), der Quantenausbeute (Q), dem Triplettanteil (t) und der Triplettzeit (τtrip) errechnet. Der SP ist dabei das Verhältnis der vertikalen zur lateralen Ausdehnung des Fokus.


Literatur

  1. Kinjo, M. & Rigler, R. Ultrasensitive hybridization analysis using fluorescence correlation spectroscopy. Nucleic Acids Res. 23, 1795–1799 (1995)
  2. Krichevsky, O. Fluorescence correlation spectroscopy : the technique. Reports Prog. Phys. 65, 251–297 (2002)
  3. Hess, S. T., Huang, S., Heikal, A. A. & Webb, W. W. Biological and chemical applications of fluorescence correlation spectroscopy: A review. Biochemistry 41, 697–705 (2002)
  4. Rieger, R., Röcker, C. & Nienhaus, G. U. Fluctuation correlation spectroscopy for the advanced physics laboratory. Am. J. Phys. 73, 1129 (2005)
  5. Thompson, N. Recent advances in fluorescence correlation spectroscopy. Curr. Opin. Struct. Biol. 12, 634–641 (2002)
  6. Chen, Y. et al. Mapping Receptor Density on Live Cells by Using Fluorescence Correlation Spectroscopy. Chem. - A Eur. J. 15, 5327–36 (2009)
  7. Maier, C. et al. G-protein-coupled glucocorticoid receptors on the pituitary cell membrane. J. Cell Sci. 118, 3353–3361 (2005)
  8. Hegener, O. et al. Dynamics of beta2-adrenergic receptor-ligand complexes on living cells. Biochemistry 43, 6190–6199 (2004)
  9. Grünwald, D., Cardoso, M. C., Leonhardt, H. & Buschmann, V. Diffusion and binding properties investigated by Fluorescence Correlation Spectroscopy (FCS). Curr. Pharm. Biotechnol. 6, 381–386 (2005)
  10.  Rigler, R. Fluorescence correlations, single molecule detection and large number screening Applications in biotechnology. J. Biotechnol. 41, 177–186 (1995)
  11. Berland, K. M., C So, P. T., Chen, Y., Mantulin, W. W. & Gratton, E. Scanning Two-Photon Fluctuation Correlation Spectroscopy: Particle Counting Measurements for Detection of Molecular Aggregation. Biophys. Joumal 71, 410–420 (1996)
  12. Carl Zeiss Jena GmbH; EVOTEC BioSystems GmbH, J. H. Fluoreszenz- Korrelations-Spektrometer ConfoCor® (1997)
  13. Eigen, M. & Rigler, R. Sorting single molecules: application to diagnostics and evolutionary biotechnology. Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A. 91, 5740–7 (1994)
  14. Magde, D., Elson, E. L. & Webb, W. W. Fluorescence correlation spectroscopy. II. An experimental realization. Biopolymers 13, 29–61 (1974)
  15. Magde, D., Elson, E. & Webbt, W. W. Thermodynamic Fluctuations in a Reacting System-Measurement by Fluorescence Correlation Spectroscopy. Phys , Fluids Phys. Rev. Lett 29, 180–581 (1971)

Lesen Sie auch

Prof. Dr. Hanns Häberlein

Publikationen

Wird geladen